19
Jan
2006

...

Um 13:30 trafen wir uns, Drachenviertel war angesagt.

Ich schaute Tina Marion an und fragte sie:
"Wollen wir wirklich mit den Fahrraedern dort hin? Es ist kalt und windig und ich habe meine Muetze" - uebrigens eine ganz tolle Baseballmuetze mit Ohrenschutz! - "vergessen."
"Hmm....ja. Es ist auch sehr weit, ein Stueckchen weiter als Bank of China."
"Boah, echt? Das ist zu weit. Und ich hab eh schon so komische Fahrradbeine, was sind das fuer Muskeln? Ich kanns mir gar nicht mehr anschauen, also wollen wir nicht mit dem Fahrrad fahren?"
"Ne, wir wollen nicht. Wir fahren mit dem Bus."
"Sehr gut!"

Wir waren im Drachenviertel, dann in der Apotheke (chinesische traditionelle Medizin besorgen!), dann essen. Tina Marion ging zur Uni ins Internet, ich nach Hause, um 19 Uhr haetten wir uns mit Miss Li treffen sollen, das Januargehalt kriegen wir ja noch.

So gegen halb sieben ist Tina Marion bei mir, um 18:50 rufe ich Dany an, um 19 Uhr steht er vor meiner Tuer (ich hab ihm sogar abgewoehnt einfach so rein zu kommen, ich stehe einfach an der Tuer und bewege mich nicht, da traut er sich inzwischen nicht mehr nach vorne zu gehen, hihi. Heute sagte ich aber ein: "Komm rein") und erklaert uns, dass er Miss Li heute nicht erreichen konnte. Nach einigen Telefonaten, die Dany mit Miss Chu und dann Miss Li gefuehrt hat, erfahren wir, dass Miss Li zuviel getrunken hat und wir das Ganze auf morgen verschieben muessen.
LOL
Cool.
Sie erfinden sonst immer irgendwelche Geschichten, die nur Maerchen sind, aber bei sowas sagen sie die Wahrheit, nicht schlecht!

Also sassen dann Tina Marion, Dany und ich bei mir. Dany hatte seine helle Freude, so mit uns allein, er konnte sich meine Wohnung ganz genau anschauen (er wohnt jetzt eh in so einer ;), uebersetzte uns wofuer die chinesische traditionelle Medizin, die wir gekauft haben, gut sei, sogar auf ein paar Fotos durfte er einen Blick werfen, und was zum essen kriegte er auch. Mensa ist ja zu und fast alle Geschaefte am Campus auch, er hat weder Gas noch Mikrowelle, er hatte wirklich Hunger und ich konnte meine improvisatorischen Kochkuenste wieder mal beweisen. Wir drei quatschten so 2-3 Stunden, Dany ging dann, Tina Marion kurz danach und ich schlief bald ein. Ich schlafe in letzter Zeit wirklich viel. Das ist sehr gut!

Auch wenn uns Dany heute Gesellschaft leistete, sind es Abende, die mir als Abende mit Tina Marion in Erinnerung bleiben und bleiben werden. Das waren viele...
Wenn ich daran denke, dass sie im naechsten Semester nicht da ist, dann sage ich: das waren zu wenige...
Eindeutig.

Da faehrt man nach China und trifft jemanden, den man ins Herz schliesst. Eine sehr intensive, vertraute Freundschaft.
Ich bin sehr dankbar, dieses Glueck gehabt zu haben und sage:

Danke Dir.

18
Jan
2006

...

Welch eine wunderbare Stille...
Alles ist dunkel, ruhig und leer.
Keine lauten, rumlaufenden, winkenden oder kichernden Studenten auf den Campus-Strassen. Von den 15 000 Studenten, die am Campus wohnen und studieren sind momentan hier vielleicht nur noch 100 geblieben. Es fuehlt sich sehr angenehm an. Sehr leise vor Allem.
Normalerweise habe ich ein wenig Angst im Dunkeln, keine Ahnung woher es kommt, aber ich mag es einfach nicht, wenn ich nicht sehen kann, was fuer potenzielle Gefahren auf mich lauern. Hier stoert mich die Dunkelheit nicht, ich geniesse sie sogar. Und hier habe ich sowieso keine Angst, China fuehlt sich sicher an.

Die kleine Trafik neben dem Gebaeude in dem ich wohne ist zu, das kleine Geschaeft in der Mensa auch. Ich geisterte so rum - war zu faul um mit dem Fahrrad einkaufen zu fahren - und fand dann doch ein geoeffnetes Geschaeft. Der Verkaeufer stand vor dem Geschaeft und freute sich riesig als er mich sah, denn weit und breit ist kein Mensch zu sehen. Wir unterhielten uns gute 5 Minuten, ich verstand zwar kaum was, aber das macht nix, es war lustig. Ich kaufte Zigaretten und Taschentuecher, Kaffee hatte er keinen, ich gab ihm versehentlich ein Yuan zu viel, er lief mir nach und gab es mir zurueck.

In den letzten 2 Tagen schlief ich sehr viel, plante, genoss meine Ruhe. Tina Marion konnte sich ein wenig ihrem "von Tina unabhaengigen Sozialleben" widmen und ich freute mich fuer sie. ;)
Aber!
"Kann ich heute bei Dir vorbeischauen und meine Mails checken?"
"Ach neeeeee....ich geniesse es so mal allein zu sein. Was ist mit der Uni?"
"Ist zu."
Sie schweigt und wartet, dass ich es mir anders ueberlege. lol
"Wann wuerdest Du kommen?"
"Na, wenn es Dir passt!"
"Naja, es passt mir eigentlich nicht", sage ich lachend "aber da kann man nix machen. Also, jetzt ist 19:15....vielleicht in einer Stunde? Ich koennte dann mal mit dem Fahrrad fahren und Kaffee holen."
"Ist gut! Aber ruf an, wenn es Dir wirklich nicht passt, ok?"
"Ach was! Jetzt komm her. Aber ich schreibe es in meinem Blog! Meine Guete, nicht einmal einen Tag kann ich meine Ruhe haben.;)"
"Ja, ist gut!"

Und ausserdem, ich glaube, Tina Marion klaut meine Feuerzeuge. Ich wuesste nicht, was fuer ein Grund dahinter stecken koennte, aber anders kann ich mir dieses ploetzliche Verschwinden meiner Feuerzeuge nicht erklaeren. Es kann ja nicht sein, dass von meinen ...hm...25 waren es bestimmt (lol) nur noch eins rumliegt, das sogar fast leer ist und erst beim fuenften Versuch funktioniert. Tina Marion und Dany haben sich bestimmt abgesprochen und machen es ganz unauffaelig! Vielleicht stapeln sie sie in irgendeiner Ecke hoch, so wie es Angelika machte....hm. Dabei wollte Angelika immer fuer Ordnung sorgen und ich war dann staendig auf der Suche nach meinen Feuerzeugen. lol

Ich werde Tina Marion sofort zur Rede stellen! ;)

15
Jan
2006

...

In einer Woche bin ich in Wien!
Als ich aufwachte, war es mein erster Gedanke. Ich sprang mit einem Laecheln aus dem Bett ballte sogar die Hand zur Faust und musste ein "Yesssss!" laut sagen.
Ich freue mich so sehr auf Wien und auf Sarajevo und bin schon ein wenig aufgeregt. Ich freue mich auf meine Lieben, meine Freunde, meine Familie, meine Staedte...mhhhhhm, ich freue mich einfach so sehr!

Heute werde ich gar nichts machen. Gar nichts!
Ich gucke mich gerade in meiner Wohnung um, eigentlich muesste ich mal gruendlich aufraeumen, Waesche waschen, aber das hat noch Zeit, heute wird nichts gemacht. Heute wird geplant.
Ich muss immer alles planen. Planen ist sehr wichtig, ja, ein guter Plan erleichtert und verkuerzt die Arbeit, verhindert Stress.
Zumindest bei mir, ich bin bekanntlich ein stressvermeidender Mensch und man kann mit mir vieles machen und mir vieles zumuten, nur darf man mir eben keinen Stress machen. Und damit ich mir selbst keinen Stress mache, plane ich.
Meine Mama fragte mich am Freitag, ob ich schon angefangen haette zu packen. Ich musste lachen. Meine Mama weiss ganz genau, dass es das letzte ist, was ich mache und das ziemlich kurz vor der Abreise. Aber sie ist anders, hat jedesmal fast die Reisepanik und faengt schon eine Woche vorher an, ist staendig im Stress, glaubt, sie wird es nicht schaffen, immer wiederholend "Nein, nein, ihr koennt mir nicht helfen, ich muss das machen.", erinnere ich mich zu gut an unsere gemeinsamen Urlaube, die allerdings schon ein Weilchen her sind.
Jedesmal wenn ich in Sarajevo bin, letztens war es im Februar vor einem Jahr, laeuft es so ab: 4 Tage vor meiner Abreise (die immer um 8:30 in der Frueh ist, weil der Bus Sarajevo-Wien seit Jahren jeden Tag um 8:30 los faehrt) sagt sie:
"Du faehrst schon in 4 Tagen weg, das weisst Du?"
"Ja, Mama, das weiss ich."
"Was moechtest Du mitnehmen? Was soll ich kochen?"
"Nichts, wirklich nicht."
"Das geht nicht!"
"Ich moechte aber wirklich nichts und Du brauchst Dir bitte keinen Stress zu machen."
"Was meinst Du, wenn ich Dir" - dann zaehlt sie einige Sachen auf, die sie kochen koennte -"zubereite."
Ich sehe keinen Ausweg und sage:
"Okay, wenn Du unbedingt moechtest, dann kannst Du mir ein wenig davon machen, aber nur ein wenig."
"Sehr gut! Und Du solltest schon packen, Du faehrst schon in 4 Tagen weg."
"Ja, Mama. Ich packe schon rechtzeitig, keine Sorgen!"

An den folgenden Tagen findet fast das gleiche Gespraech dann immer wieder statt, am zweiten Tag steht auch mein Papa meiner Mama unterstuetzend zur Seite und fragt, was er so einkaufen koennte, und am Abend vor meiner Abreise ist sie im Kochstress und fragt mich immer wieder: "Hast Du schon gepackt?"
Irgendwann einmal, so meist gegen Mitternacht, beantworte ich diese Frage nicht mit: "Nein, das mache ich noch" sondern mit:
"Ich plane jetzt."
Dann kommt sie, schaut mich an, wie ich langsam hin und her rauchend laufe und fragt verwundert:
"Was planst Du?"
"Kofferpacken."
"Aha..."
So laufe ich langsam hin und her weiter, setze mich manchmal hin, plane manchmal eine halbe Stunde lang und packe dann ganz schnell in 10-15 Minuten meine Sachen zusammen, noch genau wissend, was ich in der Frueh rein geben muss, denn einiges brauche ich noch heute Abend oder morgen Frueh.
Meine Mama wundert sich, versteht nicht, dass man das so machen kann, schuettelt den Kopf, ist aber erleichtert, weil sie sich keine Sorgen mehr machen muss, ich wuerde meine Koffer nicht rechtzeitig packen. Natuerlich fragt sie ein paar Mal: "Hast Du das (oder das oder das) vergessen?"

Und so laeuft das jedesmal! ;)
Ach, ich vermisse meine Mama. Und meinen Papa und meinen Bruder.

Nun, jetzt muss ich planen, was ich mitnehme. Was soll ich bloss als Mitbringsel mitnehmen? Ich bin leider kein Souvenir-Mensch, ich habe ueberhaupt kein Talent dafuer, irgendwas gutes von irgendwo mitzunehmen. Weifang ist die Stadt der Drachen. Soll ich Drachen mitnehmen? Da gibt es so schoene kleine Modelle, Angelika kaufte sie. Aber wo? Ich habe keine Ahnung, wo man sowas kriegen kann. Und ausserdem, was sollen sie mit den Drachen anfangen? Hm.
Mein Papa meinte: "Du brauchst nichts mitzunehmen!" Ich darauf: "Ueberlegt euch bitte, was ihr gern haettet, gezieltes Suchen ist leichter."
Sie haben es sich ueberlegt:
"Chinesische traditionelle Medizin ist ja weltbekannt, nimm doch so kleine Sachen mit wie Tigerbalsam, oder was fuer das Immunsystem und solche Sachen, das ist immer gut!"

Ja, genau, auch fuer solche Mitbringsel bin ich die Richtige, jawohl!
Zumal die Chinesen hier:
1. Keine Ahnung haben, was "chinesische traditionelle Medizin" sein sollte.
2. Staendig krank sind und bei einer Andeutung vom Schnupfen schon Antibiotika nehmen.

Na, mal schauen.
Das mit Mitbringseln ist wirklich eine komplizierte Sache, denke ich.
Nicht nur fuer meine Eltern, auch fuer meine Freunde.
Chinesische Gluecksbringer? Wer wuerde sich nicht darueber freuen? Huch.
Ich muss das also heute alles planen!

Und ueberhaupt, was ich die naechste Woche mache und wie ich meinen Aufenthalt in Europa einteile. Gern wuerde ich, wenn ich in Sarajevo bin, kurz nach Dubrovnik fahren, ich vermisse Adria. Es ist zwar Winter und es ist kalt, aber so kalt wie hier ist es nirgendwo, davon bin ich ueberzeugt. ;)

Ich wuensche euch einen wunderschoenen Sonntag und werde mich jetzt meinen stressfreien und ausgedehnten Plaenen widmen..

14
Jan
2006

...

So, Spinat-Strudelteig-Improvisation ist in der Mikrowelle. Egal was und wie es wird, ich werde einfach sagen: "Das ist eine bosnische Spezialitaet. Es wird dort immer gegessen, schmeckt sehr gut! Musst kosten!" So machen es die Chinesen ja auch. Jetzt nur noch alle drei Minuten kontrollieren und zwischen Grill und High wechseln. Das wird hoffentlich was.
Jetzt ist 15:10, Eieraufstrich muss ich auch noch machen, war doch letztens ein grosser Erfolg, um 15:50 fahr ich schon zu Tina Marion.

Haben wir eigentlich schon erwaehnt, dass wir heute um 18 Uhr Miss Li, Claudia und Dany zum europaeischen Essen bei Tina Marion eingeladen haben? Mis Chu ist auch eingeladen, aber wahrscheinlich kann sie nicht. Der Plan ist: Wiener Schnitzel (dank Tina Marions auffordendem "Bitte", das auch ein "Du musst das tun" dem Ton nach haette sein koennen, haben wir eine Handvoll Mehl an der Brottheke bekommen und mussten nicht 5 kg Saecke rumschlepen), Petersillie-Kartoffeln, Salat, Spinatdings, Tramezzini, Obstplatte, Kekse, Wein, Bier, Schnaps, Saefte, Wasser.

Heute um 12 Uhr trafen wir uns zum Einkaufen, Tina Marion stand schon mit ihrem Fahrad an der Ecke zu Jia La Jia.
Wir fahren los, quatschen ein bisschen, dann faellt mir ein:
"Ach ja, Roman hat in seinem Blog einen neuen Beitrag geschrieben!"
"Was schreibt er?"
"Babsis Blog"
"Ach", lacht sie.
"Sie musste auf der Holzbank schlafen, dann hat er ihren Charakter geandert, jetzt geniesst sie es, auf der Holzbank zu schlafen."
"Ach neee..." Wir lachen beide.
"Ich habe nicht alles gelesen, ich hatte keine Zeit, nur den Anfang und den Rest ueberflogen"
"Roman schimpft zu viel, er hat wieder mit seinen beliebten Ausdruecken seinen Beitrag angefangen, ich glaub, er braucht Sex."
"Ja, das glaube ich auch. Aber wenn er so in seiner Phantasie Frauen auf der Holzbank schlafen laesst, wird das wohl nix."
"Ne, glaub ich auch."
Wir lachen und sind schon bei Jia La Jia.

Jetzt aber flott Eieraufstrich machen!

13
Jan
2006

...

Hach...
Es ist vorbei und es ist alles sehr gut gelaufen!

ca 12 Uhr: Tina Marion singt ihre Studenten ein und gibt ihnen die letzten Tipps.
Ich hole meine Studentinnen in mein Klavierzimmer, Claudia ist nicht da, so spreche ich chinesisch, deutsch, englisch, Hand-, Koerper- und Klaviersprache. "Bu hai pa" (schreibt man bestimmt auch anders, klingt ungefaehr so und bedeutet so viel wie "keine Angst") laechelnd mitteilend, dann auch jeder einzelnen ganz kurz erklaerend, worauf sie achten soll. Immer wieder "Bu hai pa" wiederholend.
Kurz gesagt: die meisten sollten mit der rechten Hand tiefer in die Tasten gehen, lauter aber nicht grob spielen (die Mittellage ist ja kaum hoerbar), sich zuhoeren und auf das Pedal achten.
Yi Jia sagt: "Nocturno....ich spiele - dann zeigt sie es mir - aber Pedal bu...bu bu" Und macht Handzeichen die "nicht gut" zeigen. Ich sage "Jaaaaa. Pedal in der Musikhalle (zeige mit dem Finger nach unten) ist sehr 'bu', aber Pedal spielt man mit dem Ohr (zeige aufs Ohr), also bitte zuhoeren, Bass muss im Pedal sein". Sie sagt "Ja, ja", laechelt und nickt. "Bu hai pa!" "Rehte Hand mehr" "Joushou mehr" Sie nicken, laecheln: "Ja, Ja. Ho, Ho."
"Ihr werdet es super machen!" "Lasst euch Zeit. Nix kuai diar! Maidiar. (Ja, Tina Marion, Du darfst ueber mein chinesisch lachen ;)
"Danke. Ja. Sze sze."

Ich habe ein ziemlich gutes Gefuehl, fahre mit dem Fahrad schnell nach Hause, hole mein Sakko (hatte ich ueber meine drei Pullover und unter der Jacke vergessen anzuziehen, aber ich will ja heute ein bisschen eleganter aussehen, also flitze ich zurueck) und treffe dann in der Halle Tina Marion.
Sie begruesst mich mit "Einen wunderschoenen guten Morgen wuensche ich" und grinst. Ich denke "wir haben uns doch heute schon gesehen", sage aber: "Ebenfalls!"
Ich spreche ganz unauffaellig das Thema "Blogs" an:
"Ich hab Dich gelesen. Bei Dir und bei mir."
"Jaaa?"
"Was schreibste denn solch wuetende Beitraege in mein und Dein Blog?"....mit einer gewissen Leichtigkeit gestikulierend.
"Ach, das musste einfach raus."
"Alles klar! Du weisst aber, dass ich Deine treue Leserin bin und gerne etwas in Deinen Blogs lese, was ich nicht 12 Stunden vorher schon eh gehoert habe?"
"Jaja"
"Okaaaaay."

Und wir durften uns gleich auf die Pruefungen konzentrieren.

Mir faellt gerade auf, dass ich immer oefter so unglaublich lange Beitraege in mein Blog schreibe, dabei moechte ich mich immer kurz fassen. Wirklich!

Aber jetzt!

Also.
Zuerst Klavierpruefung.
Meine Maedls waren wirklich gut. Sie setzten sogar das um, was ich ihnen heute gesagt hatte. Der Fluegel klang, um das Pedal bemuehten sie sich, sie hoerten sich zu, waren konzentriert und ich war und bin so stolz auf sie. Benotet habe ich die Gesamtleistung im Semester + Pruefung. Eine 2, also eine hohe, 89 Punkte, musste ich doch geben, ansonsten haben die anderen 11 (4 Pflichtfach + 7 Hauptfach) eine Eins bekommen, zwischen 93 und 96 Punkten und Ju Ling hat 98 Punkte verdient. In diesem Maedchen steckt so viel Potenzial drinnen, sie ist unglaublich fleissig und sie hat wunderschoen gespielt, zwar nicht so schoen wie am Mittwoch, aber Sie war eigentlich die einzige, die WIRKLICH musiziert hat. Dazu noch richtig stilgerecht.
Ich habe sie alle so hoch benotet, weil sie im Sommersemester alle eine 2 hatten und in diesem so viel geleistet haben, dass ich sie auf jeden Fall aufwerten musste. Und sie haben es verdient. Allerdings muessen sie im naechsten Semester genauso grosse Fortschritte machen, damit die Note so hoch bleibt. ;)

Es ist schon 2 Uhr, wenn ich weiterhin so ausfuehrlich schreibe, werde ich meinen Wecker um 8 gar nicht hoeren.

Also, jetzt. Eine echte, stichwortmaessige Kurzzusammenfasung der folgenden Geschehnise:
- Tina Marions Studenten singen. Sie ist zufrieden, erleichtert, ueberrascht. Sie waren wirklich gut. Vor Allem die, die heute beim Einsingen dabei waren.
- Die Pruefung verlaeuft ohne Pausen. Ich kann mir ja welche unauffaellig goennen, aber Tina Marion muss da staendig sitzen, da sie ja alle Saenger benoten muss. 5 Minuten Pause werden dann irgendwann einmal genehmigt. Nach 3,5 Stunden, glaube ich. "Wir muessen uns beeilen". Warum wir uns beeilen muessen, weiss natuerlich keiner.
- Man merkt eindeutig den Unterschied zwischen Tina Marion/Angelikas und Wangs Studenten.
- Pruefung sehr erfolgreich, wir sind sofort nach der Pruefung, also um 19 Uhr zum Essen eingeladen. Dort werden wir auch ueber Noten "diskutieren", sagt mir Claudia
- Essen (Ja, Roman, mit diesen grossen, lackierten Staebchen mit denen man nicht essen kann), Zuprosten, viele Floskeln, alle sind gluecklich und froh, bedanken sich. Tina Marion kriegt Komplimente, dass sie heute sehr elegant aussieht. Frau Chu entgleitet sogar ein "very sexy"
Tina Marion strahlt! Es ist ihr zwar ein bisschen peinlich, aber auch nur ein bisschen, sie geniesst es und laechelt.
-Benotungen. Meine werden gar nicht diskutiert, ich frage, ob ich sie auch begruenden soll ("Nein, nur sagen"), die Wangs haben zwar auch benotet, weil sie dachten, sie muessten, aber sie sollten ja nicht, also sage ich es schnell durch, alle (8 Personen) schreiben es auf, keine Beschwerden oder Fragen.
- Bei Gesangsstudenten wollen jedoch alle mitreden. Das war wirklich sehr witzig, ich muss jetzt aber aufhoeren zu schreiben, mein Mitteilungsbeduerfnis nimmt ja kein Ende, also wieder einmal ganz kurz:
Wir hatten viel Spass, die Situation drohte irgendwann einmal zu eskalieren, tat es aber nicht. Ach es war tatsaechlich koestlich - das erzaehle ich dann bestimmt morgen oder irgendwann einmal, aber jetzt muss ich wirklich ins Bett.

Gute Nacht :)

12
Jan
2006

...

Ich rege mich prinzipiell nie zweimal ueber die gleiche oder aehnliche Sache auf, einmal reichts, naechstes Mal kann ich viel lockerer damit umgehen. Diese hilfreiche Eigenschaft habe ich mir schon lange vor China "antrainiert". Nun, da ich mich am Dienstag sehr aufgeregt habe, irgendwie war es einer der anstrengendsten und "am-Ende-aller -Kraefte-Tage", sowas allerdings auch richtig befreiend wirken kann und mir einen neuen Schwung verlieh, nahm ich die heutige Nachricht um 16 Uhr (dass die Probe morgen nicht stattfindet sondern heute um 18 Uhr) mit einer....na wie koennte man es anders nennen als mit Leichtigkeit an. Was soll's, wir sind in China, also ab zur Probe.
Als Tina Marion und ich den Saal betraten, war alles vorbereitet fuer die Sitzung morgen, weswegen ja die Probe morgen ausfaellt. Rote Tische auf der Buehne, das Klavier nicht zu sehen.
Ich habe mit einem Laecheln gesagt: "Bitte Tische nach hinten verlegen und den Fluegel nach vorne in die Mitte, danke."
Wurde gemacht. Na, klappt doch alles prima heute.

Frau Chu erklaerte in ihrem Befehlston den Studenten, was sie zu tun haben "schnell auf die Buehne gehen, sagen was gespielt wird, spielen, keine Fehler machen, schnell von der Buehne verschwinden". Also, ich schaetze mal, dass sie das gesagt hat, ein bisschen was habe ich sogar auch verstanden. Als sie fertig war, wartete ich noch ein paar Minuten und widmete mich meinen Studenten: "Ihr braucht nicht nervoes zu sein, spielt schoen! Lasst euch Zeit, lasst euch nicht hetzen, spielt einfach so wie gestern"
Aengstliche, laechelnde Gesichter schauten mich an und nickten.

Sie waren alle unglaublich nervoes, sie hatten Angst, aber sie haben sich sehr tapfer geschlagen.
Es ist das erste Mal in ihrem Leben, dass sie etwas von Anfang bis Ende oeffentlich spielen duerfen, und dann gleich noch 3 Stuecke, sie sind weder in Buehnenauftritten noch im Konzentrationhalten geuebt und ich bin wirklich stolz auf sie.
Das Klavier ist eine Katastrophe, fuer unser Konzert am 16.12. wurde es gestimmt, inzwischen wurden Millionen von Pruefungen oder Konzerten auf dem Klavier gespielt - natuerlich meist alle Stuecke in der Mittellage und einfach so draufgeklatscht, die Folge ist: kaum hoerbare Mittellage, zu lauter Diskant, zu laute Baesse, zum Teil auch verstimmt, Pedal nur mit viel Feingefuehl richtig funktionierend. Aber auch an so einem Instrument heisst es, das Beste aus dem Instrument zu holen.

Ich lehnte mich also zurueck und hoerte meinen Studentinnen zu.
Nervoes waren sie alle, das hatte ich schon erwaehnt, manche mehr, manche weniger, manche (naja, fast alle eigentlich) kamen mit dem Klavier nicht so gut zu recht, aber sie spielten weiter, manche gewoehnten sich waehrend des Spiels ans Klavier - aber ich werde morgen jeder, ich treffe sie um halb Zwoelf alle - noch etwas dazu sagen. Heute hatten wir keine Zeit fuer Gespraeche, am Ende, so gegen 21:30 lobte ich sie, sagte, dass sie gut schlafen muessen und es morgen ganz toll machen werden. So ungefaehr.

Die Pianistinnen dauern 90 Minuten, wir fingen um 18:10 an, es war also 19:40. Es blieben noch 110 Minuten, also bis 21:30, ich hoffe, ich habe gut gerechnet, fuer 96 Saengerinnen. Das ist natuerlich unmoeglich und das war eigentlich schon von vornherein klar, da es aber niemand laut erwaehnte und ich auf meine Studentinnen fixiert bin und es schon seit Wochen betone, dass sie bei der Probe 90 Minuten dauern, und es durchspielen muessen, weil sie es noch nie oeffentlich getan haben, Claudia das offensichtlich weiterleitete und sie das akzeptierten...also erst um 19:40 als die Saenger vom Herrn Wang mit einem "hola" (schreibt man bestimmt anders) nach ca 30-40 sec. unterbrochen und von der Buehne weggeschickt wurden, war auch mir klar, dass es ab sofort so laufen wird.
Den chinesischen Lehrern und Studenten scheint es nichts auszumachen, Frau Chu bis dahin recht leise, wird wieder aktiv, die Studenten im Saal lauter, es dauerte nicht lange bis Tina Marion fragte, was das fuer ein Kasperltheater sei. Ich bin ja unter uns Beiden die Details ersparende oder nur andeutende, was die schlechten Tage betrifft. ;), also sage ich es mal so: Es war ziemlich dramatisch, Miss Li knallte mal wieder die Tuere, Tina fuehlte sich von mir nicht wirklich unterstuetzt, weil ich die diplomatische Variante gewaehlt habe und das Ganze beruhigen wollte und es dann doch irgendwie geklappt hat, fast. Also das Ergebnis ist: alle Saenger haben heute kuerzer gesungen, damit sie alle kurz auf der Buehne sind und kurz proben, morgen fangen wir mit der Pruefung schon um 12:30 an und alle Saenger werden ganzes Lied singen und nicht wie am Fliessband nur ein paar Sekunden.

Ich bin gluecklich, dass Tina Marion dann doch noch zu mir gefahren ist und wir das Ganze bereden konnten. Die Anspannung, der Druck...ach, alles ist einfach zu gross, da muss man halt mal ausflippen. Manchmal koennte man es aber besser "timen". ;)

Wir freuen uns beide auf morgen, hoffen, dass wir inzwischen nicht a bissl bekloppt sind und lassen es auf uns zukommen!

11
Jan
2006

...

"Wer oder was ist Roman? Kennt ihr ihn persoenlich?"
Nachdem ich gestern das dreimal gefragt wurde, muss ich fuer Aufklaerung sorgen. Nein, nein wir kennen ihn nicht persoenlich. Roman ist unsere Muse, unsere Inspiration! Auf Tina Marion faerbt er schon ab, sie sitzt nun auch stundenlang vor ihrem Laptop, schreibt lange Texte, feilt an ihren Saetzen, hat Spass am Schreiben und freut sich ueber ihre Formulierungen.
"Was machst Du?"
"Ich schreibe die Fortsetzung....der Bericht ueber unsere Party ist ja noch nicht fertig."
"Okaaaaay. Und was hast Du geschrieben?"
Sie faengt an zu erzaehlen, ueberlegt es sich dann doch anders und liest es mir einfach vor. Ich hoere zu, lache.
"Weiter bin ich noch nicht."
"Okay, nimm bitte den einen Satz raus."
"Hm..."
"Das musst Du rausnehmen!"
"Okay."
"Okay, jetzt schreib weiter, vergiss nie, dass ich Dich sehr mag und stell mich nicht immer wie einen Trottel dar", sage ich so charmant wie moeglich.
"Natuerlich nicht!"
"Ja, genau!"
"Bis spaeter."
"Bis dann."

Und wir haben Roman nicht erfunden!
Nachdem wir erfahren haben, dass Tina Marions Vertrag nicht verlaengert wird, sie aber, wenn alles klappt und das neue Projekt im Sueden Chinas im Sommersemester startet, nach Changsha faehrt, musste ich mich ueber Changsha informieren. Und so fand ich Roman, besser gesagt, Romans Blog. Ein Schreibtalent in Changsha, sehr lesenswert, sehr empfehlenswert.

Und unser Alltag ist um ein Gespraechsthema reicher!
"Gibt's was Neues?" fragt sie mich, weil ich ja Internet zu Hause habe.
"Bei Dir nix, bei mir nix, niemand liest uns mehr. ABER, Roman hat die Fortsetzung vom Essen geschrieben!"
"Ja? Was schreibt er?"
"Das musst Du lesen! Auf jeden Fall musste er ganz viel Schnaps trinken und gesungen hat er auch."
Tina Marion lacht und plant schon, wann sie ins Internet geht.

So ist das. ;)

...

Mal was Neues:
Ich bin so unglaublich stolz auf meine Studentinnen, ich kann euch gar nicht sagen wie sehr. Sie spielen so schoen, wirklich schoen.

Tina Marion und ich haben heute die Pruefungsprobe gehalten, haben unsere Studentinnen das Programm durchspielen/singen lassen - die Muehe hat sich gelohnt.
Die letzten 10 Tage waren sehr anstrengend, ich schwaechelte koerperlich und musste mich immer dazu zwingen, aufzustehen. Teilweise fragte ich mich, ob es ueberhaupt einen Sinn habe, so viel Energien zu investieren; teilweise hatte ich Angst, wie die Pruefungen verlaufen werden. Jetzt bin ich beruhigt, die Maedels spielen wirklich schoen, ich habe es genossen, ihnen zuzuhoeren. Heute habe ich mich ganz genau daran erinnert, wie jede einzelne bei der ersten Stunde im September gespielt hat: das Instrument "vergewaltigend", sich nicht zuhoerend, auf stilgerechtes Spielen nicht achtend (weil gar nicht wissend, was es sein sollte) Artikulation nicht vorhanden, Pedal eine Katastrophe.....und heute spielten sie, sie spielten Klavier, sie musizierten. Das ist wunderschoen.

Wir wollten um 8:30 mit der Probe anfangen. Um 8:30 rief mich Tina Marion an und weckte mich auf, meinen Wecker hatte ich gar nicht wahrgenommen. "Wo bist Du?" "Zu Hause, wie spaet ist es?"
"Na, 8:30. Ich gehe jetzt ins Internet, wann kommst Du?" "In einer halben Stunde bin ich da". Claudia, meine Dolmetscherin beschwerte sich bei Tina Marion, dass ich nicht da bin "Wir haben doch ausgemacht um 8:30, warum ist sie nicht da? Warum kann sie nicht puenktlich kommen?" Dafuer habe ich Claudia angeschnauzt. Ich mache Ueberstunden (unbezahlte wohlgemerkt), etwaige Verspaetungen kuendige ich an und hole sowieso nach, sage seit einer Woche, dass ich bitte ein C-Vitamin und ein Multivitamindings brauche (hab ich gestern dann endlich bekommen), sie sagen uns am Abend davor, dass die Probe in der Musikhalle heute gar nicht stattfinden wird, wir improvisieren und machen trotzdem eine in meinem Klavierzimmer und sie beschwert sich dann. "Ich habe mich einfach an chinesische Verhaeltnisse angepasst. Wenn Du mir um 19 Uhr sagen kannst, dass am naechsten Tag um 8 Uhr in der Frueh keine Probe stattfinden wird, kann ich Dir auch um 8:30 sagen, dass die Probe um 9:30 anfaengt." Dann war Ruhe.
Ich hatte es zwar geplant um 7:30 aufzustehen, aber ich bin einfach uebermuedet, es ging nicht.
Claudia war bei der Probe nicht dabei, sie hat "das Organisatorische" uebernommen, also dafuer gesorgt, dass die Studenten da sind. Bei den Gesangsstudenten gelang es ihr nicht immer.
Die Probe war ziemlich lang, von ca 9:30 bis ca 13:30. Als letzte spielte noch Ju Ling, mein neulich erwaehntes Sorgenkind mit der B-Dur Mozart Sonate, sie konnte nicht frueher kommen, weil sie eine andere Pruefung hatte, sie spielte so w u n d e r s c h o e n. Bach war Bach, Mozart war (fast) Mozart und Chopin war Chopin. Von einer Chinesin gespielt, die sonst immer den Eindruck erweckt, nur mechanisch das zu machen, was ich ihr sage (das auch nicht immer) und heute so gespielt hat, dass Tina Marion und ich am Ende geklatscht haben. Es war ein verinnerlichtes, von ihr kommendes Musizieren. Wunderschoen.

10
Jan
2006

...

1:45. Ich bin muede und muss sofort schlafen gehen.
Die Pruefrungsprobe findet morgen doch nicht statt, das haben wir gegen 19 Uhr erfahren - ich erspare euch die Details. Wir werden aber morgen eine Probe in meinem Klavierzimmer ab 8:30 halten.
Unsere Party war sehr schoen, Tramezzinis mit den Aufstrichen waren schon aufgegessen, bevor ich ankam. Gegessen, geredet, gesungen, gelacht.
Morgen schreibe ich mehr, bzw. Tina Marion schreibt einen ziemlich ausfuehrlichen Bericht, angefangen hat sie schon. ;)
Ich muss aber einen von mir stammenden Satz zitieren, sonst veroeffentlicht sie ihn: "Ich bin sehr froh, dass ich unterrichten kann, weil ich ein Mensch bin, der klugscheissern muss".

Ich schaeme mich zwar fuer meine Ausdrucksweise, aber da kann man nix machen, gesagt ist gesagt!
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