29
Mrz
2006

...

Ablenkungsmanoever, gar kleine "Bestrafungen" sind jetzt angesagt, das war zu erwarten, natuerlich alles mit einem Laecheln und reiner "Hilfsbereitschaft", aber ich bleibe dran und konzentriere mich nach wie vor auf den Samstag. Der Umzug von Diana muss klappen, das ist jetzt wichtig.

Trotzdem haette ich heute Miss Chu in den nicht vorhandenen Hintern treten koennen.

Dazu muss ich sagen, dass sich Miss Chu und ich eigentlich gut verstehen, sie mag mich und ich mag sie auch, auch wenn wir ein sehr interessantes "wer wird wen ueberlisten-Verhaeltnis" haben, aber trotzdem moegen wir uns irgendwie. Wenn Chinesen was vom Respekt wissen wuerden, wuerde ich es fast respektvoll nennen.

Alle Studentinnen haben grosse Angst vor Miss Chu, alle. Hier wird sehr viel mit Angst gearbeitet, sie fuerchten sich und erledigen deshalb das, was man ihnen sagt, das zu tun sei. Was anderes kennen sie eigentlich so gut wie gar nicht. Nur von den "auslaendischen Lehrern" werden sie anders behandelt.

Wenn Miss Chu meinem Unterricht beiwohnt, bringt sie meine Maedels zum Weinen, immer. Ihre Anwesenheit reicht schon, die Studentinnen zittern, koennen nicht spielen, fangen an zu weinen.
Das ist so schrecklich. Immer wieder. Zum Glueck passiert das sehr selten, aber diese Woche leider schon zweimal.

Claudia hat sich fuer heute entschuldigt, sie faehrt nach Jinan, kein Problem, heute hat nur Cai Quan eine Doppelstunde, mit ihr schaffe ich es problemlos auch ohne Claudia.

Um 16:20 Uhr komme ich zur Universitaet, leicht angenervt, weil ich bei der Bank of China war und dieses Vordraengeln nie verstehen werde (sie denken in der Tat, wenn man einen Meter Abstand haelt, dass da noch Platz fuer 7 Chinesen ist, die von links und rechts in dieses "Loch" reinstuermen, unglaublich. "Nein, da stehe ich!" und eine eindeutige "Stop - Handbewegung", sonst wartet man stundenlang), also ich komme zur Universitaet und vor meinem Unterrichtszimmer stehen Cai Quan, Miss Chu und ein 100kg Mann, der wie ein Indianer aussieht. Mit einem Zopf auf seinem Kopf auch.

Begruessung, blablabla.

"Wenn Claudia keine Zeit hat, dann steht er Dir zur Verfuegung, er soll Dir helfen und beim Unterricht uebersetzen."
"Vielen herzlichen Dank, aber wenn Claudia keine Zeit hat, dann unterrichte ich ohne Uebersetzer. Claudia und ich arbeiten seit 6 Monaten zusammen, wir verstehen uns, ich brauche manchmal nur Luft zu holen, sie weiss, was ich meine, ein neuer Uebersetzer, der nichts mit der Musik zu tun hat, waere ein grosser Rueckschritt in meinem Unterricht, danke, ich brauche ihn wirklich nicht."
"Nur fuer heute, er soll nur helfen."

Miss Chu setzt sich aufs Sofa hinter meinem Ruecken, er auf den Stuhl hinter Cai Quans Ruecken, Cai Quan hat Angst, zittert.
Er neigt sich auch ziemlich nach vorne, so muss Cai Quan mit ihren, naja, 40 kg, das Gefuehl gehabt haben, ein Berg stuerzt gleich auf sie ein. Ich frage sie, wie es ihr gehe, ob sie sie stoeren wuerden usw.
Sie darf natuerlich nicht sagen, dass sie sie stoeren. *seufz*
Und meint, sie koenne spielen.
Okay.
Ich zeige dem Mann, Wey heisst er, er soll sich nicht so nach vorne beugen, sie faengt an zu spielen.

Ich habe ganz absichtlich so unterrichtet, dass ich ihn ueberhaupt nicht gebraucht habe, also keine Geschichten erzaehlt oder sowas, ein paar mal haette er was zu tun gehabt, aber da war er schlecht, einfach schlecht und zu langsam, da hat Cai Quan schon alles verstanden, bevor er was gesagt hat.

Und ich werde ganz bestimmt nicht wieder jemandem alle moeglichen Ausdruecke erklaeren, er hat einfach keine Ahnung von Musik - das ist ja nichts gegen ihn, aber ich kenne da nichts, ich werde um Claudia kaempfen, da koennen sie machen was sie wollen.

Aber erst naechste Woche, jetzt ist der Samstag wichtig und morgen ist Claudia eh wieder da.

Nun, zurueck zum Unterricht.
Es ging so vielleicht 35 Minuten gut, dann konnte Cai Quan nicht mehr. Ich ging auch gar nicht so auf Details ein, aber sie konnte einfach nicht mehr, sie konnte sich nicht konzentrieren, hatte Angst und sie kaempfte mit den Traenen.

"Cai Quan, komm her."
Sie kommt sofort in meine Arme, umarmt mich und weint.

Miss Chu sagt irgendwas, ich zeige mit der Hand ein:
"Nein. Jetzt nichts sagen."
Miss Chu hoert sogar auf mich und schweigt.

Ich schicke mal Cai Quan raus, Miss Chu erzaehlt dann sowas wie:
"Cai Quan ist nicht fleissig, anstatt diese Chance zu nutzen bei so einem guten Lehrer was zu lernen, sie uebt nicht, blablablablabla"
"Cai Quan ist fleissig, sie hat aber Angst vor Miss Chu und Dir. Ich wuerde euch darum bitten, zu gehen, okay?", sage ich zu Wey.
Sie gehen, sagen noch sowas wie:
"Der neue Uebersetzer soll Deutsch ueben, deshalb hat es die Universitaet eingeordnet."
"Sehr schoen, er kann gern kommen und von Claudia lernen. Da habe ich nichts dagegen. Morgen ist Claudia wieder da?"
"Ja. Und wir wollten nur helfen."
"Ja, danke."
"Und Miss Chu, jetzt nicht mit Cai Quan schimpfen, bitte nicht!"
"Nein, nein, ich schimpfe nicht."

Sie geht raus und ich hoere sie:
"Cai Quan!"

Ich komme natuerlich mit. Geschimpft hat sie nicht, ihre Stimme war sogar ziemlich sanft, also wenn man das von chinesischen Stimmen behaupten kann.
Aber Cai Quan konnte heute natuerlich ueberhaupt nicht mehr spielen. Als wir dann alleine waren, sagte sie nur:
"Hai pa" , was so viel wie "Ich habe Angst" bedeutet, und zeigte auf das Sofa wo vorher Miss Chu sass.

Tja.
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