12
Jan
2006

...

Ich rege mich prinzipiell nie zweimal ueber die gleiche oder aehnliche Sache auf, einmal reichts, naechstes Mal kann ich viel lockerer damit umgehen. Diese hilfreiche Eigenschaft habe ich mir schon lange vor China "antrainiert". Nun, da ich mich am Dienstag sehr aufgeregt habe, irgendwie war es einer der anstrengendsten und "am-Ende-aller -Kraefte-Tage", sowas allerdings auch richtig befreiend wirken kann und mir einen neuen Schwung verlieh, nahm ich die heutige Nachricht um 16 Uhr (dass die Probe morgen nicht stattfindet sondern heute um 18 Uhr) mit einer....na wie koennte man es anders nennen als mit Leichtigkeit an. Was soll's, wir sind in China, also ab zur Probe.
Als Tina Marion und ich den Saal betraten, war alles vorbereitet fuer die Sitzung morgen, weswegen ja die Probe morgen ausfaellt. Rote Tische auf der Buehne, das Klavier nicht zu sehen.
Ich habe mit einem Laecheln gesagt: "Bitte Tische nach hinten verlegen und den Fluegel nach vorne in die Mitte, danke."
Wurde gemacht. Na, klappt doch alles prima heute.

Frau Chu erklaerte in ihrem Befehlston den Studenten, was sie zu tun haben "schnell auf die Buehne gehen, sagen was gespielt wird, spielen, keine Fehler machen, schnell von der Buehne verschwinden". Also, ich schaetze mal, dass sie das gesagt hat, ein bisschen was habe ich sogar auch verstanden. Als sie fertig war, wartete ich noch ein paar Minuten und widmete mich meinen Studenten: "Ihr braucht nicht nervoes zu sein, spielt schoen! Lasst euch Zeit, lasst euch nicht hetzen, spielt einfach so wie gestern"
Aengstliche, laechelnde Gesichter schauten mich an und nickten.

Sie waren alle unglaublich nervoes, sie hatten Angst, aber sie haben sich sehr tapfer geschlagen.
Es ist das erste Mal in ihrem Leben, dass sie etwas von Anfang bis Ende oeffentlich spielen duerfen, und dann gleich noch 3 Stuecke, sie sind weder in Buehnenauftritten noch im Konzentrationhalten geuebt und ich bin wirklich stolz auf sie.
Das Klavier ist eine Katastrophe, fuer unser Konzert am 16.12. wurde es gestimmt, inzwischen wurden Millionen von Pruefungen oder Konzerten auf dem Klavier gespielt - natuerlich meist alle Stuecke in der Mittellage und einfach so draufgeklatscht, die Folge ist: kaum hoerbare Mittellage, zu lauter Diskant, zu laute Baesse, zum Teil auch verstimmt, Pedal nur mit viel Feingefuehl richtig funktionierend. Aber auch an so einem Instrument heisst es, das Beste aus dem Instrument zu holen.

Ich lehnte mich also zurueck und hoerte meinen Studentinnen zu.
Nervoes waren sie alle, das hatte ich schon erwaehnt, manche mehr, manche weniger, manche (naja, fast alle eigentlich) kamen mit dem Klavier nicht so gut zu recht, aber sie spielten weiter, manche gewoehnten sich waehrend des Spiels ans Klavier - aber ich werde morgen jeder, ich treffe sie um halb Zwoelf alle - noch etwas dazu sagen. Heute hatten wir keine Zeit fuer Gespraeche, am Ende, so gegen 21:30 lobte ich sie, sagte, dass sie gut schlafen muessen und es morgen ganz toll machen werden. So ungefaehr.

Die Pianistinnen dauern 90 Minuten, wir fingen um 18:10 an, es war also 19:40. Es blieben noch 110 Minuten, also bis 21:30, ich hoffe, ich habe gut gerechnet, fuer 96 Saengerinnen. Das ist natuerlich unmoeglich und das war eigentlich schon von vornherein klar, da es aber niemand laut erwaehnte und ich auf meine Studentinnen fixiert bin und es schon seit Wochen betone, dass sie bei der Probe 90 Minuten dauern, und es durchspielen muessen, weil sie es noch nie oeffentlich getan haben, Claudia das offensichtlich weiterleitete und sie das akzeptierten...also erst um 19:40 als die Saenger vom Herrn Wang mit einem "hola" (schreibt man bestimmt anders) nach ca 30-40 sec. unterbrochen und von der Buehne weggeschickt wurden, war auch mir klar, dass es ab sofort so laufen wird.
Den chinesischen Lehrern und Studenten scheint es nichts auszumachen, Frau Chu bis dahin recht leise, wird wieder aktiv, die Studenten im Saal lauter, es dauerte nicht lange bis Tina Marion fragte, was das fuer ein Kasperltheater sei. Ich bin ja unter uns Beiden die Details ersparende oder nur andeutende, was die schlechten Tage betrifft. ;), also sage ich es mal so: Es war ziemlich dramatisch, Miss Li knallte mal wieder die Tuere, Tina fuehlte sich von mir nicht wirklich unterstuetzt, weil ich die diplomatische Variante gewaehlt habe und das Ganze beruhigen wollte und es dann doch irgendwie geklappt hat, fast. Also das Ergebnis ist: alle Saenger haben heute kuerzer gesungen, damit sie alle kurz auf der Buehne sind und kurz proben, morgen fangen wir mit der Pruefung schon um 12:30 an und alle Saenger werden ganzes Lied singen und nicht wie am Fliessband nur ein paar Sekunden.

Ich bin gluecklich, dass Tina Marion dann doch noch zu mir gefahren ist und wir das Ganze bereden konnten. Die Anspannung, der Druck...ach, alles ist einfach zu gross, da muss man halt mal ausflippen. Manchmal koennte man es aber besser "timen". ;)

Wir freuen uns beide auf morgen, hoffen, dass wir inzwischen nicht a bissl bekloppt sind und lassen es auf uns zukommen!
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